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Erschöpft und erleichtert

Mitglieder des DRK Vlotho begleiten Flüchtlinge von der deutsch-österreichischen Grenze nach Hannover

Wohin mit all den Menschen?
Um die Grenzübergänge zu entlasten, werden Flüchtlinge in Zügen durch ganz Deutschland zu ihren Notunterkünften gefahren. Als erstes Team aus dem Kreis Herford haben jetzt fünf Vlothoer DRK-Mitglieder einen dieser Züge begleitet. Täglich kommen tausende Flüchtlinge in Passau über die deutsch-österreichische Grenze. Sie haben zu diesem Zeitpunkt bereits unzählige Kilometer hinter sich gebracht. »Sie sind total erschöpft, völlig am Ende«, hat die Vlothoer Rotkreuzleiterin Kerstin Prüßmeier beobachtet. »Das kann man gar nicht beschreiben, das muss man gesehen haben.« Solche Männer, Frauen und Kinder setzt man nicht einfach unbegleitet in einen Zug und hofft, dass schon alles gut gehen wird und niemand unterwegs kollabiert. Aber das bayrische Rote Kreuz kann die Betreuung der Flüchtlinge in den Zügen zu den Unterkünften nicht mehr allein stemmen und hat deshalb einen bundesweiten Hilfsaufruf gestartet. Daraufhin meldeten sich Florian Schrader, Malte Finkemeyer, Jean-Pierre Polpitz, Corinna Niemitz und Kerstin Prüßmeier vom DRK Ortsverband Vlotho als erstes Team aus dem Kreis Herford freiwillig. Die fünf Vlothoer sind alle ausgebildete Sanitäter und haben Fortbildungen in Betreuung absolviert. Ihr Hilfseinsatz wurde vom Landesverband Westfalen-Lippe und vom bayrischen Roten Kreuz koordiniert. Sie reisten vergangene Woche von Bad Oeynhausen nach Passau, wo sie einen Tag spä- ter kurz vor Mitternacht einen Zug zugeteilt bekamen, der die Flüchtlinge nach Hannover bringen sollte. Nun waren die Vlothoer für 431 Männer, Frauen und Kinder sowie einen Hund zuständig. »Vor der Abfahrt haben wir Lunchpakete und Wasser verteilt«, erzählt Kerstin Prüßmeier. »Viele wollten wissen, wann es losgeht, aber ich konnte mich nur mit einigen Syrern verständigen, die Englisch sprachen. Schließlich habe ich mir die Abfahrtszeit 23.35 Uhr auf die Hand gemalt und sie jedem, der etwas fragte, gezeigt.« Gemeinsam mit zwei Zugchefs und zwei Sicherheitsbediensteten der Deutschen Bahn fuhren die Vlothoer durch die Nacht. Sie machten Kontrollgänge durch den vollgestopften Zug, was sich als schwierig erwies. Viele Menschen schliefen auf den Fußböden und in den Gängen. »Insgesamt hatten wir drei Notfälle zu versorgen«, erzählt die Gruppenführerin Kerstin Prüß- meier weiter. »Dabei handelte es sich um einen vierjährigen Jungen mit 39 Grad Fieber, einen alleinreisenden Teenager, der umgefallen ist, und eine Frau, die über Schmerzen in der Seite klagte.« An einem Bahnhof forderten die Vlothoer den Rettungsdienst zur weiteren Untersuchung und Behandlung der Menschen an. »Aber sonst verlief die Fahrt recht ruhig.« Die Menschen seien sehr höflich und nett und »einfach nur dankbar« gewesen. Kerstin Prüßmeier: »Das Rote Kreuz wird weltweit erkannt. Wenn sie das sehen, wissen die Leute: Von dem Menschen bekomme ich Hilfe. Sie vertrauen uns, ohne uns persönlich zu kennen.« Die Vlothoer würden jederzeit wieder einen solchen Einsatz mitmachen, auch, weil die Zusammenarbeit mit dem bayrischen DRK, dem DB-Sicherheitsdienst und den Zugchefs gut geklappt habe. »Aber wir wollen auch unseren Arbeitgebern danken, dass sie uns dafür freigestellt haben. Es ist ja ein Ehrenamt, und drei Tage muss man schon einplanen.«

Text: Pabst, Westfalen-Blatt
Foto: DRK Vlotho e.V.

6. November 2015 13:00 Uhr. Alter: 10 Jahre